070073 GR Guided Reading (2017S)

Ausgehend von einem wissensgeschichtlichen Ansatz wird sich der Kurs einer Rekonstruktion von Diskursen über Wirtschaft und Gesellschaft widmen und hierbei einen Bogen von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart schlagen.
Gelesen werden zum Ersten grundlegende theoretische Texte jüngeren und älteren Datums, entlang einer wirtschafts- und einer gesellschaftsgeschichtlichen Achse, beginnend im 17. Jahrhundert mit einem Doppel aus Merkantilismus/Kameralismus und Staatstheorie (Hobbes) bis hin zur Zeitgeschichte und einem Doppel aus Neoliberalismus (Foucault: Geschichte der Gouvernementalität) und ‚postmoderner’ Gesellschaftstheorie (Schulze: Erlebnisgesellschaft; Beck: Risikogesellschaft). Die theoretischen Texte sollen auf ihre Erkenntnispotentiale befragt, aber auch in ihren Erklärungsansprüchen und deren Reichweite historisiert werden.
Zum Zweiten wird der Kurs daher die Formatierung von Wissen in unterschiedlichen Diskursebenen und Medien in den Blick nehmen. Vorgesehen ist die Lektüre von (verbalen und visuellen) Texten, die den behandelten Theorien zeitgenössisch waren und sich in einer Bandbreite vom literarischen Werk zum Werbesujet bewegen. Aufgabe der Diskussion wird es sein, sie zu den großen wirtschafts- und gesellschaftstheoretischen Entwürfen in Beziehung zu setzen – als deren Anlass und Widerlager, als Beleg und Gegenbeispiel. Damit wird die historische Bedingtheit theoretischer Reflexion ebenso deutlich wie der Nutzen, den es für die empirische Arbeit von Historiker/innen verspricht, sich mit Theorie zu befassen.