Universität Wien

070025 UE Guided Reading Österreichische Geschichte 1 - Orte und Unorte der Erinnerung (2024S)

(nicht nur) im österreichischen Mittelalter

5.00 ECTS (2.00 SWS), SPL 7 - Geschichte
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

An/Abmeldung

Hinweis: Ihr Anmeldezeitpunkt innerhalb der Frist hat keine Auswirkungen auf die Platzvergabe (kein "first come, first served").

Details

max. 25 Teilnehmer*innen
Sprache: Deutsch

Lehrende

Termine (iCal) - nächster Termin ist mit N markiert

Mittwoch 06.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 13.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 20.03. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 10.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 17.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 24.04. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 08.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 15.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 22.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 29.05. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 12.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 19.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7
Mittwoch 26.06. 15:00 - 16:30 Hörsaal 30 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 7

Information

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Was Erinnerungsorte sind, vermeint jeder zu verstehen; etwa Denkmäler großer Männer (und einer homöopathischen Dosis Frauen), an denen staatstragende Personen an Gedenktagen und in Anwesenheit ausgewählter Öffentlichkeiten, symbolische Handlungen vollziehen. Ferner Räume eines persönlicheren Gedenkens, so wie z.B. Stolper- und Grabsteine, Feier- und Gedenktage, an welche oftmals spezifische Rituale bzw. eine konkrete Materialität gebunden ist. Und nicht zu vergessen: Ganz persönliche Formen des Gedenkens an Familienangehörige, wichtige Lebensdaten und Ereignisse. Verschiedene Formen von Memorialkultur begleiten den Menschen mindestens seit der Antike. Beide sind für die individuelle allerdings auch herrschaftliche Identität von Staaten zentral. Im Mittealter sind Manifestationen von Propaganda zwar stark vom christlichen Kulturverständnis abhängig, gleichzeitig spiegeln sie auch die jeweiligen Gesellschafts- und Herrschaftsvorstellungen wider. Da diese Erinnerung selektiv ist, hat sie auch eine dunkle Seite: Jene des Vergessens, bzw. des absichtlichen (obrigkeitlich verordneten) Vergessen – auch Damnatio in memoriae genannt. Diese absichtliche Auslöschung der Erinnerung an politisch ungünstige Ereignisse, bzw. die Überhöhung faktisch marginaler Ereignisse, ist gerade in Staaten die mit einer durchweg heterogenen Erinnerungskultur ringen ein Forschungsfeld, das reich an kontroversem Beispielen ist - Das mittelalterliche Österreich bietet hierfür besonders reichhaltiges Anschauungsmaterial.
Gerade in der Zeit der Nationalstaatsbildung wurde mittelalterliche Memoria des Öfteren zur Stützung und Legitimation bestehender monarchischer Strukturen genutzt. Zudem kam es in der Habsburgermonarchie, deren Zentralmacht von den einzelnen Gliedern permanent herausgefordert wurde, bisweilen auch zu einem Wettstreit der Gedenkorte und Unorte, die nicht selten auf mittelalterliche Ereignisse zurückgehen. Ziel der Veranstaltung ist, das Konzept der Erinnerungsorte an ausgewählten Texten und Quellen vorzustellen und auf die bisweilen herausfordernde Herrschaftsarchitektur des mittelalterlichen Herzogtums Österreich anzuwenden. Dabei werden unterschiedlich geartete Beispiele zur Debatte (z.B. Schlachtengedenken, staatstragende Urkunden, einzelne politische und geistliche Akteure, Katastrophen oder Pogrome) stehen, mit deren Hilfe sich die Transformationen dieses Konzepts verfolgen lassen.

Die Inhaltliche Annäherung wird folgende Aspekte beinhalten:

1. Welche gesellschaftlichen Konzepte werden mit der kollektiven und der individuellen Erinnerung sowie ihrem Gegenstück, dem verordneten Vergessen (damnatio in memoriae) verbunden? Welche Methoden, Vorstellungen und Begriffe hängen mit dieser Idee zusammen und wie haben sie sich seit ihrer Erstformulierung in den 1980er Jahren (durch Pierre Nora, Aleida und Jan Assmann) weiterentwickelt?
2. Wie sahen konkrete Formen mittelalterlicher Erinnerung aus (z.B. Prozessionen, Wallfahrtsorte, Herrscherportraits, Schlachtenjahrzeiten usw.), worin unterscheiden sie sich von ihren modernen Manifestationen und was ist spezifisch an der österreichischen Situation? Dabei geht es auch um ihre eventuelle Weiterverwendung bzw. Weiterentwicklung im (Herzogtum und Erzherzogtum sowie dem späteren Kaiserreich) in Früher Neuzeit und Moderne.
3. Wie hängt Memorialkultur mit Image- bzw. Identitätspflege zusammen? Welche Akteure im Herzogtum nutzen dieses Instrument besonders ausgiebig und mit welchen Absichten? Wie funktionieren geographische (z.B. Denkmäler und weitere architektonische Bauten und Elemente), individuelle (z.B. ‚Kulte‘ um historische Persönlichkeiten) und materielle Orte der Erinnerung (z.B. Insignien, Kriegstrophäen) und wie werden sie öffentlich genutzt?
4. Was sind Unorte und welche Rolle und wie entstehen sie (z.B. durch absichtliche Zerstörung der Erinnerung oder schlichtes Vergessen)? Welche Transformationen können sie durchlaufen und wie wirken sie sich auf den Hauptdiskurs aus?

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Die Lehrveranstaltung besteht aus der Präsenz-Übung (1,5 h/Sitzung) sowie einem Selbststudium, das der Text- und Quellenlektüre dient, gelegentlich aber auch zur Vorbereitung von kurzen (Gruppen und Einzel)Präsentationen (3-10 Min.) sowie fünf Hausarbeiten (drei: 2-3 Seiten, zwei: 4-5 Seiten) (insgesamt ca. 8,25h/Sitzung). In beiden Lernblöcken geht es darum, das Verständnis und die methodische Erschließung von Quellen und Fachliteratur zur Geschichte mittelalterlicher Erinnerungsorte in Österreich (siehe Literaturliste) zu üben und dadurch auch themenunabhängige Studienkenntnisse und Fertigkeiten (z.B. mündliche Präsentationstechniken im Seminar und , schriftlicher Ausdruck) zu vertiefen. Letzteres wird durch ein regelmäßiges Feedback der Kursleiterin unterstützt. Eine schriftliche Schlussprüfung ist nicht geplant.

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Voraussetzung für eine positive Bewertung ist der Besuch der Lehrveranstaltung, eine aktive Mitarbeit sowie die rechtzeitige Einreichung (terminiertes Moodle) der Hausarbeiten (drei kürzere, zwei längere) mit entsprechendem Feedback. Zweimaliges Fehlen ist nach Entschuldigung erlaubt.

Prüfungsstoff

Die wichtigsten Texte aus Sekundärliteratur und Quelleneditionen werden von der Kursleiterin auf die Lernplattform zum Selbststudium bereitgestellt.

Literatur

Assmann, Aleida; Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München 52010.
Assmann, Aleida; Transformations between History and Memory, in: Social Research 75/1 (Spring 2008: Collective Memory and Collective Identity), S. 49-72.
Assmann, Jan; Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München 72013.
Assmann, Jan and John Czaplicka; Collective Memory and Cultural Identity, in: New German Critique 65 (Spring/Summer 1995 – Cultural History/Cultural Studies), S. 125-133.
Bevan, Robert; The destruction of Memory. Architecture at War. Glasgow 22007.
Boer, Pim de; Duchhardt, Heinz; Kreis, Georg et al. (hrsg.), Europäische Erinnerungsorte 1. Mythen und Grundbegriffe des europäischen Selbstverständnisses, München 2012.
Boer, Pim de; Duchhardt, Heinz; Kreis, Georg et al.(hrsg.), Europäische Erinnerungsorte 2. Das Haus Europa, München 2012.
Huphreys, Stephen R.; The Destruction of Cultural Memory, in: Middle East Studies Association Bulletin 36 (2002/1), S. 1-8.
Nora, Pierre (Hrsg.) Erinnerungsorte Frankreichs. München, 2005.
Nora, Pierre; Between Memory and History: Les Lieux de Mémoire, in: Representations 26, Special Issue: Memory and Counter-Memory (Spring 1989), S. 7-24.
Pfister, Christian; ‚The Monster Swallows you‘: Disaster Memory and Risk Culture in Western Europe (1500-2000), in: RCC Perspectives 1 (2011), S. 1-23.

Zuordnung im Vorlesungsverzeichnis

BA Geschichte (2019): PM5 - Österreichische Geschichte 1 (5 ECTS)
BEd UF Geschichte: Österreichische Geschichte 1 (4 ECTS)

Letzte Änderung: Fr 09.02.2024 13:45